Episode 129: Scarface, 1932

Wie das aussieht, wenn sich ein Regisseur und ein Produzent gegen die aufkommende Zensur des Hays Code auflehnen? So: Tony Camonte (Paul Muni) ist ein tumber, bauernschlauer Mafioso, der durch brutale Gewalt und völlige Amoralität rapide in der Chicagoer Unterwelt der 20er Jahre aufsteigt. Regisseur Howard Hawks und Autor Ben Hecht so: da ist er, der amerikanische Traum! Dazwischen geschnitten die von der Zensur geforderte moralische Reinheit – dröge abgefilmte Szenen mit Journalisten, welche Tony Abschaum nennen, Tonys Mutter, die an ihrem Sprössling verzweifelt. Aber dann wieder: Tonys Blicke auf die Frau des Chefs, Poppy (Karen Morley), ein nacktes Bein, der Hintern direkt in die Kamera – Frauen als Ware, “must be expensive, huh?“. So geht das hin und her in Hawks‘ SCARFACE – es entfaltet sich ein unebener, fragmentarischer Film, Filmgeschichte in Scherben. Aber da ist auch: Hawks‘ unvergleichlich subtile Mise-en-scène, seine Liebe für die horizontale Komposition, die lange Einstellung, der Schlag unter die Gürtellinie mit kurzen, heftigen Großaufnahmen.

Om Podcasten

Jeden Monat erscheinen frisch aufbereitete Klassiker und vergessene Filmperlen auf Blu-ray, zumeist bei mit Herzblut kuratierten Reihen von Boutique-Labels. Knut Brockmann und Jochen Ecke picken sich die Werke heraus, die sie besonders interessant finden, und sie reden darüber: über die Form, die filmhistorische Einordnung und filmische Besonderheiten.