"Die ganze Familie ist umgekommen." - #12ESD - Edith Horowitz

Die junge Berlinerin Edith Horowitz ist frisch verheiratet. Sie und ihr Mann haben schon lange Einreisegenehmigungen für Argentinien. Der Bruder ihres Mannes hatte sie geschickt. Doch sie können sich von Ediths Eltern und der Schwester nicht trennen. "Es war so schwer für uns." Erst ein Jahr später reisen sie aus. Ediths Familie können sie dann 1938 nicht mehr nachholen. Dem argentinishen Konsul in Berlin sind die Hände gebunden. Ein neues, geheimes Dekret, das sogenannte „Circular 11“, verhindert die Ausreise. Die Direktive hatte der damalige Außenminister Argentiniens auf der Flüchtlingskonferenz in Evian noch vor Ende der Konferenz unterzeichnet. Sie wies die argentinischen Diplomaten in der ganzen Welt an, 

„allen Personen ein Visum – auch ein Touristen- oder Transitvisum – zu verweigern, von denen anzunehmen ist, dass sie ihr Herkunftsland verlassen haben oder verlassen wollen, weil sie als unerwünschte Personen angesehen werden, oder des Landes verwiesen wurden, ganz unabhängig vom Grund ihrer Ausweisung“. 

Ohne das Wort „Juden“ zu benutzen, ist im diplomatischen Jargon der Zeit vollkommen klar, wer mit diesen „Unerwünschten“ gemeint ist. Kurz darauf werden mit dem Präsidentenerlass Nr. 8972 die Einreisebedingungen weiter verschärft. Eltern und Schwester und fast alle anderen Verwandten werden im Konzentrationslager ermordet.

Om Podcasten

"Wir können doch nichts dafür. Deutsch ist und bleibt unsere Muttersprache." In San Miguel, einem Ort nördlich von Buenos Aires, steht das Hogar Adolfo Hirsch, das Altenheim der Deutsch sprechenden Juden Argentiniens. Ungefähr 170 alte Menschen leben hier, inmitten eines großzügigen blühenden Parkgeländes. Alle sind Einwanderer der ersten Generation. Sie sind in Deutschland, Österreich oder Ungarn geboren und ihre Lebensgeschichten sind bis heute eng mit Deutschland verknüpft, mit dem Deutschland der Nazizeit. Wir haben 49 von ihnen besucht, um mehr über ihr Leben zu erfahren. Einige haben wir in ihren Zimmern aufgesucht, andere im Park getroffen oder in der Stadt. Hier erzählen 49 Männer und Frauen von ihrer Emigrationsgeschichte, ihrem Verhältnis zu Argentinien und ob sie je darüber nachgedacht haben, wieder in Deutschland zu leben. Die Initiatorin des Projektes, Corinna Below (Journalistin) spricht in diesem Podcast mit ihrem Freund und Kollegen Carsten Janz über die Schicksale der Vertriebenen. Dazu sind Gäste geladen, Experten aber auch Verwandte oder Zeitzeugen. Und auch aktuelle politische Entwicklungen werden hier besprochen. Gegen das Vergessen.