„Wie wir weg sind, da sind schon aus Dachau die versiegelten Särge rausgekommen.“ #14ESD - Cecilia Paschkes

An Details erinnert sich Cecilia Paschkes heute nicht mehr, aber wie nebenbei sagt sie, „Wie wir weg sind, da sind schon aus Dachau die versiegelten Särge rausgekommen.“ 
Ihr Vater, so erzählt sie, sei 1933 zufällig in Nürnberg gewesen, als die Nationalsozialisten dort ihren Parteitag abhielten. Er habe sofort gewusst, dass er seine Familie in Sicherheit bringen muss. Zu gehen ist der Jugendlichen nicht schwergefallen, denn die Familie war erst 1929 aus Buenos Aires in Cecilies Geburtsstadt zurückgekommen.
Am eigenen Leib habe sie keinen Antisemitismus erlebt, versichert sie. Die Nachbarn aus dem Haus haben nicht mehr gegrüßt, aus Angst um ihre Kinder. Das erinnert sie noch. Das scheint aber alles gewesen zu sein. Ja, ihre Familie habe Glück gehabt, wie sie sagt. Sie können sich vor den Nazis retten. Ihre Eltern schicken von Argentinien aus Visa an Verwandte. Die lassen dann ihrerseits ihre Verwandten kommen. Für diese Folge haben wir die Historikerin Dr. Gabriele Hammermann interviewt. Sie ist Leiterin der KZ Gedenkstätte Dachau. Sie berichtet über die politische Stimmung vor der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten in München und Bayern, ordnet die Erzählungen von Cecilie Paschkes historisch ein. Auf die Frage, ob den Menschen bekannt war, was im KZ Dachau passiert, sagt sie: "Es gibt Fotos von Faschinksumzügen, in denen der Spruch, der in Bayern sehr bakannt war "Lieber Gott mach mich stumm, dass ich nicht nach Dachau kumm" zu sehen ist. Insofern war das ein offenes Geheimnis, was hier passiert ist."

Om Podcasten

"Wir können doch nichts dafür. Deutsch ist und bleibt unsere Muttersprache." In San Miguel, einem Ort nördlich von Buenos Aires, steht das Hogar Adolfo Hirsch, das Altenheim der Deutsch sprechenden Juden Argentiniens. Ungefähr 170 alte Menschen leben hier, inmitten eines großzügigen blühenden Parkgeländes. Alle sind Einwanderer der ersten Generation. Sie sind in Deutschland, Österreich oder Ungarn geboren und ihre Lebensgeschichten sind bis heute eng mit Deutschland verknüpft, mit dem Deutschland der Nazizeit. Wir haben 49 von ihnen besucht, um mehr über ihr Leben zu erfahren. Einige haben wir in ihren Zimmern aufgesucht, andere im Park getroffen oder in der Stadt. Hier erzählen 49 Männer und Frauen von ihrer Emigrationsgeschichte, ihrem Verhältnis zu Argentinien und ob sie je darüber nachgedacht haben, wieder in Deutschland zu leben. Die Initiatorin des Projektes, Corinna Below (Journalistin) spricht in diesem Podcast mit ihrem Freund und Kollegen Carsten Janz über die Schicksale der Vertriebenen. Dazu sind Gäste geladen, Experten aber auch Verwandte oder Zeitzeugen. Und auch aktuelle politische Entwicklungen werden hier besprochen. Gegen das Vergessen.