Elisabeth Schwarzhaupt (1901–1986)

Die deutsche CDU-Politikerin war die erste Frau, die in der Bundesrepublik Deutschland das Amt einer Bundesministerin innehatte. Sie schrieb gegen die Nationalsozialisten an und setzte sich für die Reform des Familienrechts ein. Als Bundesgesundheitsministerin leistete sie Pionierarbeit auf dem Gebiet der Gesundheits- und Umweltpolitik. *** Ihr Elternhaus ist liberal eingestellt. Die Mutter, eine Lehrerin, und vor allem die Tante sind von der Frauenbewegung der 1880er Jahre beeinflusst. Elisabeth besucht die Schillerschule in Sachsenhausen, die als eine der besten Mädchenschulen Deutschlands gilt.  Der Vater wird Oberschulrat und sitzt als Abgeordneter der Deutschen Volkspartei in der Weimarer Republik im preußischen Landtag. Er lebt seiner Tochter politisches Engagement vor, streitet für die Themen, die ihn bewegen und beschäftigen. Die selbstverständlich gleichberechtigte Lebensweise der Eltern prägt Elisabeth sehr. Gleichzeitig fragt sie sich, wie man die Rolle der Frau den neuen Gesellschaftsformen so anpassen könnte, dass sie Kinder haben und doch mit gleichen Entwicklungschancen leben könnte wie ein Mann. Es wird das Thema ihres Lebens.  Lehrerin, Juristin, Kirchenbeamtin Mit 19 Jahren hat sie ihr Abitur in der Tasche und will studieren, es zieht sie zum Journalismus. Der Vater empfiehlt ihr, Lehrerin zu werden. Ein Jahr später legt sie am Oberlyceum ihr Examen für Volks- und Mittelschulen ab, entscheidet sich aber dann, Jura zu studieren und Jugend- oder Vormundschaftsrichterin zu werden. Sie besucht Verhandlungen an Frankfurter Gerichten, Verhandlungen, die etwas Neuartiges haben, da der einfühlsame Richter sich für die Beweggründe der jungen Gesetzesbrecher interessiert. Der Geist der Güte, so sagt sie es selbst, durchweht den Gerichtssaal und sie ist sich nun sicher, dass dies ihr Beruf werden soll.  ©ACDP Dann kommen die Nazis an die Macht und alles anders als geplant. Elisabeth Schwarzhaupt liest Hitlers Schriften. Sie ist entsetzt, «und zwar wegen seines Niveaus, wegen dieser primitiven demagogischen Art, dass ich sagte, das darf doch nicht sein, dass dieser Mann eine große politische Rolle in Deutschland spielt.» In der Folge tritt sie in die DVP ein. Sie schreibt Broschüren und hält Vorträge, die die frauenfeindliche Haltung der Nationalsozialisten, ihre rein männlich ausgelegten Strukturen und ihr dümmliches Frauenbild zum Thema haben. Durch die Machtübernahme der Nationalsozialisten, die keine Frauen im Richteramt dulden, muss sie sich beruflich neu orientieren.  Diese Chance bietet ihr die evangelische Kirche. Am 1. April 1939 wird sie zur Oberkirchenrätin ernannt und verbeamtet. Nach Kriegsende wechselt sie ins kirchliche Außenamt der EKD. Sie befasst sich mit dem Thema Abtreibung, die damals noch streng unter Strafe steht und wirft die Frage auf, ob es nicht erlaubt sein sollte abzutreiben, wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist. Schwangerschaftsabbrüche aus anderen Gründen werden von der evangelischen Kirche allerdings damals noch rigoros abgelehnt.  Die erste Frau in einem Ministeramt  1953 kandidiert sie zum ersten Mal für den Bundestag, nachdem sie vier Jahr zuvor ein entsprechendes Angebot noch abgelehnt hat. Im zweiten Anlauf, vier Jahre später, gewinnt sie ihren Wiesbadener Wahlkreis. Im Jahr 1954 hält sie ihre erste Rede im Plenum zum Thema Änderung des Familienrechts.  @ACDP  Ich glaube, dass ich mit meinem Eintritt in das Kabinett, wenn auch als Alibifrau, eine Tür für die Frauen geöffnet habe, die nicht mehr zugeschlagen werden konnte.Elisabeth Schwarzhaupt

Om Podcasten

Inspirierende Portraits von Frauen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Technik und Politik, vorgestellt von Susanne Popp und Petra Hucke, Autorinnen historischer Romane. Habt ihr schon einmal gehört, dass die Brooklyn Bridge von einer Frau gebaut wurde? Wisst ihr, wer die Veuve Cliquot hinter der berühmten Champagnermarke war? Kennt ihr mehr als die Namen der Umweltaktivistin Rachel Carson, der promovierten Ärztin Dorothea Erxleben, der Naturforscherin Amalie Dietrich oder der Mathematikerin Ada Lovelace? Wir lesen ihre Biografien, erforschen ihre Hintergründe und präsentieren euch alle vierzehn Tage den Lebenslauf und die Lebensleistung von Frauen, die prominenter in unseren Geschichtsbüchern auftauchen sollten. Das beginnt mit universalgelehrten Frauen im frühen 17. Jahrhundert wie Anna Maria Schurmann und endet mit Politikerinnen kurz vor unserer Zeit wie Elisabeth Schwarzhaupt. Wir stöbern in Europa genauso herum wie in Nordamerika, strecken die Fühler jedoch nach und nach immer weiter aus. Starke Frauen können uns mit ihrer Durchsetzungsfähigkeit als Vorbild dienen, denn gerade in vergangenen Jahrhunderten hatten sie immer Schwierigkeiten, sich zu behaupten und einen Platz in der von Männern dominierten Welt zu finden. In unserem Podcast bekommen sie die Aufmerksamkeit, die sie verdient haben. Weitere Hintergrundinformationen zu den einzelnen Folgen und zu uns als Hosts findet ihr auf https://frauenleben-podcast.de, wo wir auch einen Blog mit weiteren Biografien und Fundstücken führen. Susanne Popp veröffentlicht in diesem Jahr beim Rowohlt-Verlag eine historische Romanbiografie über die Veuve Cliquot, die Frau hinter der gleichnamigen Champagnermarke. "Madame Cliquot und das Glück der Champagne" ist zur Zeit noch in Arbeit, aber der Erscheinungstermin steht bereits fest, nämlich der 17. November 2020 (ab 1. November als E-Book). Freut euch auf eine ebenso spannende wie unterhaltsame Geschichte über eine mutige Frau, die in schwierigen Zeiten ihren eigenen Weg geht. Petra Hucke hat nach einem Mystery-Thriller den historischen Roman "Solch ein zephyrleichtes Leben" über die Tänzerin Ida Brun veröffentlicht. Im Juli 2021 erscheint beim Piper-Verlag die Romanbiografie „Die Architektin von New York“ über Emily Warren Roebling und ihre Lebensgeschichte, die sie selbst wohl nie so hätte voraussehen können. Weitere Frauenbiografien, für die wir bereits Episoden veröffentlicht oder fest eingeplant haben: Die Archäologin Mary Leakey, die studierte Ärztin und Lehrerin Maria Montessori, die erste US-Präsidentschaftskandidatin Victoria Woodhull, die Juristin und Frauenrechtlerin Iris von Roten, die Physikprofessorin Laura Bassi, die Erfinderin Hedy Lamarr und die Chemikerin Alice Augusta Ball. Habt ihr Vorschläge für weitere Geschichten von Frauen? Wir freuen uns auf eure Ideen! Einfach eine Email schreiben an kontakt@frauenleben-podcast.de