Tatsuuma Kiyo (1809–1900) 

Die japanische Geschäftsfrau Tatsuuma Kiyo (1809–1900) baute über Jahrzehnte hinweg die Sake-Brauerei ihrer Familie zu einem Unternehmensimperium aus, und das in einer Zeit, in der Frauen zu Brauereien keinen Zutritt hatten. Ihre Geschichte gibt einen Einblick in die Strukturen von Familienunternehmen im Japan des 19. Jahrhunderts und in die Rolle, die Frauen dabei spielten. Die Sake-Marke Hakushika, die sich aus dem Unternehmen entwickelt hat, ist bis heute eine der großen Sake-Brauereien Japans. *** Ein Gastbeitrag von Antonia Popp Tatsuuma Kiyo wird 1809 in der kleinen Gemeinde Nishinomiya in der Region Nada bei Osaka geboren. Sie ist das einzige Kind einer Kaufmannsfamilie, die seit 1662 eine mittelgroße Sakebrauerei betreibt. Frauen durften in Japan zu dieser Zeit offiziell kein Eigentum besitzen und konnten somit auch nicht Familienoberhaupt werden. Gängige Praxis in Kaufmannsfamilien war es daher, einen jungen Mann auszuwählen und umfassend auszubilden, um ihn dann zu adoptieren und mit der eigenen Tochter zu verheiraten. Die adoptierten Schwiegersöhne hießen mukoyoshi und wurden unter strategischen Gesichtspunkten ausgewählt. Oft kamen sie aus Unternehmen der gleichen Branche. Dies diente der Stärkung von Geschäftsbeziehungen und gab der talentierten Tochter die Möglichkeit, als Frau des Familienoberhaupts weiter Einfluss auf das Unternehmen auszuüben. Auch der Name des Auserkorenen wurde geändert, und so wird Tatsuuma Kiyo im Jahr 1830 die Ehefrau von Tatsuuma Kichizaemon X, Nachfolger von Kiyos Vater, Tatsuuma Kichizaemon IX. Das einzige bekannte Bild von Tatsu’uma Kiyo. Quelle: Joyce Chapman Lebra, Women in All-Male Industrie Die Häuser der japanischen Familienklans Nach der traditionellen, von den herrschenden Samurai beeinflussten, Familienstruktur bildet jede Familie ein Haupthaus, ein sogenanntes honke. Der Vater vererbt die Führung des  honke an seinen ältesten Sohn. Jüngere Söhne treten mit ihrer Heirat aus einem Haus aus und gründen ein Nebenhaus, ein bunke. Frauen verlassen das Haus ihrer eigenen Familie mit ihrer Heirat. Sie werden Teil des Hauses ihres Ehemanns – außer natürlich, dieser wurde gleichzeitig in die Familie adoptiert. Das Hauptunternehmen einer Kaufmannsfamilie wird stets im honke vererbt. Die bunke sind hingegen oft Firmen, zu denen eine Geschäftsbeziehung gepflegt wird. Sie können bei einer Krise als Absicherung dienen. Oft expandieren sie auch unternehmerisch sowie geographisch in andere Branchen oder Gegenden und bauen so den Einfluss der Hauptfamilie aus. Auch das strategische Verheiraten von Töchtern oder das Verschicken der eigenen Söhne in andere Unternehmen dient den Bildung wichtiger Allianzen. Gute Heiratsverhandlungen erfordern somit diplomatisches Geschick und unternehmerische Weitsicht. Das Unternehmen Hakushika existiert seit 1662. Quelle: hakushika.co.jp Familie und Firma bilden eine untrennbare Einheit  Tatsuuma Kiyo bekommt 6 bis 12 leibliche Kinder (die genaue Anzahl ist nicht bekannt), die sie in strategische Ehen mit Mitgliedern anderer Familienunternehmen vermittelt. Kiyos Ehemann wird 1842 offizielles Familienoberhaupt, wobei man davon ausgehen kann, dass Kiyo schon zu diesem Zeitpunkt einen substanziellen Einfluss auf ihre eigene Familie ausübt. 1855 stirbt ihr Ehemann und Kiyo leitet die Firma nun auch offiziell für eine gewisse Übergangszeit (5 Jahre waren erlaubt), bis ihr Sohn übernimmt. Nach dessen frühem Tod wird das Unternehmen schließlich an die von Kiyo ausgewählte und ausgebildete Schwiegertochter übergeben, für die sie entgegen der gesetzlichen Vorgaben eine längere Übergangszeit vo...

Om Podcasten

Inspirierende Portraits von Frauen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Technik und Politik, vorgestellt von Susanne Popp und Petra Hucke, Autorinnen historischer Romane. Habt ihr schon einmal gehört, dass die Brooklyn Bridge von einer Frau gebaut wurde? Wisst ihr, wer die Veuve Cliquot hinter der berühmten Champagnermarke war? Kennt ihr mehr als die Namen der Umweltaktivistin Rachel Carson, der promovierten Ärztin Dorothea Erxleben, der Naturforscherin Amalie Dietrich oder der Mathematikerin Ada Lovelace? Wir lesen ihre Biografien, erforschen ihre Hintergründe und präsentieren euch alle vierzehn Tage den Lebenslauf und die Lebensleistung von Frauen, die prominenter in unseren Geschichtsbüchern auftauchen sollten. Das beginnt mit universalgelehrten Frauen im frühen 17. Jahrhundert wie Anna Maria Schurmann und endet mit Politikerinnen kurz vor unserer Zeit wie Elisabeth Schwarzhaupt. Wir stöbern in Europa genauso herum wie in Nordamerika, strecken die Fühler jedoch nach und nach immer weiter aus. Starke Frauen können uns mit ihrer Durchsetzungsfähigkeit als Vorbild dienen, denn gerade in vergangenen Jahrhunderten hatten sie immer Schwierigkeiten, sich zu behaupten und einen Platz in der von Männern dominierten Welt zu finden. In unserem Podcast bekommen sie die Aufmerksamkeit, die sie verdient haben. Weitere Hintergrundinformationen zu den einzelnen Folgen und zu uns als Hosts findet ihr auf https://frauenleben-podcast.de, wo wir auch einen Blog mit weiteren Biografien und Fundstücken führen. Susanne Popp veröffentlicht in diesem Jahr beim Rowohlt-Verlag eine historische Romanbiografie über die Veuve Cliquot, die Frau hinter der gleichnamigen Champagnermarke. "Madame Cliquot und das Glück der Champagne" ist zur Zeit noch in Arbeit, aber der Erscheinungstermin steht bereits fest, nämlich der 17. November 2020 (ab 1. November als E-Book). Freut euch auf eine ebenso spannende wie unterhaltsame Geschichte über eine mutige Frau, die in schwierigen Zeiten ihren eigenen Weg geht. Petra Hucke hat nach einem Mystery-Thriller den historischen Roman "Solch ein zephyrleichtes Leben" über die Tänzerin Ida Brun veröffentlicht. Im Juli 2021 erscheint beim Piper-Verlag die Romanbiografie „Die Architektin von New York“ über Emily Warren Roebling und ihre Lebensgeschichte, die sie selbst wohl nie so hätte voraussehen können. Weitere Frauenbiografien, für die wir bereits Episoden veröffentlicht oder fest eingeplant haben: Die Archäologin Mary Leakey, die studierte Ärztin und Lehrerin Maria Montessori, die erste US-Präsidentschaftskandidatin Victoria Woodhull, die Juristin und Frauenrechtlerin Iris von Roten, die Physikprofessorin Laura Bassi, die Erfinderin Hedy Lamarr und die Chemikerin Alice Augusta Ball. Habt ihr Vorschläge für weitere Geschichten von Frauen? Wir freuen uns auf eure Ideen! Einfach eine Email schreiben an kontakt@frauenleben-podcast.de