Wir lernen, dass uns der Staat im Grunde alles vorschreiben kann – Prof. Dr. Christoph Lütge im Gespräch
"Es liegt in der Eigenverantwortung der Menschen, bestimmte Risiken gegeneinander abzuwägen. Das ist verantwortungsvolle Ethik", sagt Philosoph und Wirtschaftsethiker Prof. Dr. Christoph Lütge. Dieser staatliche Anordnungswahn, den wir momentan erleben, geht in unserer pluralistischen Gesellschaft nicht lange gut. "Das hat so viele gesellschaftliche Langzeitfolgen, dass Menschen verlernen, was Freiheits- und Grundrechte sind und das, was gerade passiert, irgendwann als ganz normal betrachten." Die Bürger vergessen, ihre Rechte in einer offenen Gesellschaft einzufordern und, dass sie zum Beispiel nicht nur das Grundrecht haben, jederzeit Lebensmittel, sondern auch Möbel einzukaufen. Im Gespräch mit mir redet Prof. Dr. Lütge über seine Abberufung aus dem bayrischen Ethikrat aufgrund seiner Kritik an den Corona-Maßnahmen, über ethische Herausforderungen der Pandemie, die Gefahren einer Expertokratie, über Wissenschaftsorganisationen, die sich von der Politik haben instrumentalisieren lassen, sowie die ethische Abwägung zwischen dem Schutz von Menschenleben und den daraus resultierenden Kollateralschäden: "Ich habe es mal verglichen mit einem Hammer, mit dem man auf einen Fliegenschwarm eindrischt: Da treffen sie ab und zu mal ne Fliege, aber sie machen ganz viel mehr kaputt." Prof. Dr. Christoph Lütge ist Philosoph und Lehrstuhlinhaber für Wirtschaftsethik und Direktor des Institute for Ethics in Artificial Intelligence an der TU München und ehemalige Mitglied des Bayerischen Ethikrats. Mit seinem Kollegen Prof. Dr. Michael Esfeld ist er Autor des gemeinsamen Buches "Und die Freiheit?" Geführt und aufgezeichnet wurde dieses Gespräch am 03. September in München. Ein ganz herzlicher Dank gilt der Eventlocation Weitblick.