Regierungsburg

http://www.architektur-podcast.de/wp-content/uploads/2014/08/Regierungsburg.mp3 Audio-Podcast: 08:28 min  Kennen Sie… die Regierungsburg? Die preußische Verwaltung hat den Ruf einer schnörkellosen, farblosen und langweiligen Bürokratie, die in kasernenartigen Bauten Briefe schreibt, Gesetze anordnet und Dokumente archiviert. Das Ganze geschieht – so das Klischee – von einer Schar Beamter in grauen Anzügen mit Ärmelschonern und Aktentasche bei absoluter Pünktlichkeit. Einen überraschenden Kontrast dazu bildet das Gebäude, welches die Regierung Trier 1905 an der Ecke Deworastraße/Sichelstraße eröffnet und bis Sommer 2013 das Vermessungs- und Katasteramt Trier beherbergte. Heute befindet sich hier ein Teil der Stadtverwaltung. Raumgreifend und majestätisch ist die “Neue Regierung”, welche ab 1903 zwischen dem Hauptbahnhof und der Domimmunität errichtet wird, um den Trierer Beamten einen repräsentativen Rahmen für ihre tägliche Arbeit zu geben und nach außen hin Machtanspruch zu visualisieren. Die Pläne aus dem Jahr 1901 stammen von Baurat und Kreisbauinspektor Fülles und dem Regierungsbaumeister Raabe, ausführender Architekt war Landbauinspektor Jaffke. Die beiden fast identischen Hauptflügel des ehemaligen Vermessungs- und Katasteramtes mit Büros und Zeichensälen prägen noch heute das Straßenbild von Dewora- und Sichelstraße. Der Besucher, Bittsteller oder vorbeispazierende Bürger mag sich ob der farblichen und fröhlichen Ausgestaltung der Details und Formen an eine mittelalterliche romantische Burg erinnert fühlen. Standhaft und robust ist der steinerne Sockel, auf dem das Gebäude ruht. Die Hausteine, die bis in die erste Etage des Gebäudes reichen, verleihen den beiden straßenseitigen Flügeln eine unaufdringliche Monumentalität, die im zweiten Obergeschoss aufgelöst wird. Hier erst sind die Wände rund um die Fenster schlicht hell verputzt und nehmen dem Haus die Schwere, die man ob seiner Maße erwarten würde. Knapp 35 Meter lang sind die Flügel an der Sichel- beziehungsweise Deworastraße, die jeweils mit einem Eckpavillon mit spitzem Giebel enden. Hinter den drei Rundbogenfenstern des rechten Pavillons befindet sich ein repräsentativer Sitzungsraum.   Die Hauptfassade selbst liegt quer zwischen den beiden Flügeln und ist komplett mit dem natursteinfarbenem Haustein umrandet. Besonders hier fallen die unregelmäßig verteilten Bossensteine ins Auge, die durch ihre grobe Textur den Burgcharakter des neoromanischen Hauses unterstreichen. In der Mitte befindet sich der zentrale Eingang, den man über eine zweiflügelige Treppenanlage erreicht. Ursprünglich hat eine ausladende mittige Freitreppe in das Behördengebäude geführt. Diese einzige maßgebliche Veränderung des Gebäudes, welches im zweiten Weltkrieg weitestgehend verschont blieb, erfolgte im Jahr 1930, als das Haus nach der Nutzung durch amerikanische und französische Besatzer wieder an die Trierer Regierung kam. Die heutigen zwei Treppen führen auf einen überdachten Vorbau mit Säulen, die einen Rundbogen halten. Farbig gefasst sind die Kapitelle, die einen Vorgeschmack auf die reiche innere Ausstattung des Hauses geben. Das Kapitell der linken Säule wird von vier Eulen gebildet, das auf der rechten zeigt vier Schlangen. Alle bildlichen Steinarbeiten stammen von den Trierer Bildhauern Matthias Moritz und Gustav Sobri. Weiterer figürlicher Schmuck ist auch in den drei Medaillons über den Fenstern des Hauptgeschosses zu finden. Das mittlere Medaillon mit der Krone des Königsreichs Preußen wird flankiert von zwei inhaltlich auf den Zweck des Hauses hinweisenden Bildern. Im linken Rundbild ist ein Greif zu sehen, dem ein Mann Münzen aus dem Maul nimmt. Der Legende nach hortet das Fabeltier bekanntlich Gold, was im übertragenen Sinne an die Regierung abgegeben werde...

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Mit den Architektur-Podcasts lässt sich Architektur und Stadtentwicklung in Trier unmittelbar vor Ort entdecken. Hören Sie den mehrminütige Beitrag, während ihr Blick über die Architektur schweifen und auf Details verweilen kann. Lernen Sie Trier neu kennen! Die Architekturessays und Perlen des Städtebaus präsentiert die Kunthistorikerin und Redakteurin Bettina Leuchtenberg. Sie geht kleinsten Hinweisen nach, die sie in Gesprächen oder der Literatur entdeckt und findet bei der näheren Betrachtung immer wieder Details und Unverhersehbares, was die steinernen Zeugnisse der Vergangenheit in aktuelle Bezüge setzten und den Blick schärfen.