1/6: «Angeklagt» von Mariella Mehr
Karin Selb, eine junge Frau, erzählt der Gerichtspsychologin in einem rauschhaften Monolog von ihrem Leben, von ihren Gewalttaten, Brandstiftungen, Morden. Die Autorin Mariella Mehr (1947-2022) findet dafür eine gnadenlose Sprache, die in ihrer verwirrenden Aesthetik von Schmerz und Gewalt irritiert und erschreckt. Angeklagt»(2002) ist nach «Daskind»(1995) und «Brandzauber»(1998) der dritte Roman der Gewalt-Trilogie von Mariella Mehr. Und er ist wohl der gnadenloseste von allen. Einer grausamen Kindheit entwachsen, entdeckt die junge Frau eine zwanghafte und erlösende Lust am Zerstören, Brandstiften und Morden. Hinter den verrückten Taten steckt kein greifbares Motiv, kein erkennbares Ziel. Mariella Mehr führt uns hinein in die verrückte Normalität des Wahnsinns, auf dem dünnen Niemandsstreifen zwischen Traum und Realität. Figuren tauchen auf, die nur im Kopf der Redenden existieren, die sie antreiben zu ihren Gewalttaten: Malik, Seraphim, abgespaltene Teile eines Ich, das sich verloren hat. Sprecherin: Susanne Marie Wrage – Regie: Geri Dillier - Produktion SRF 2014 Die Lesung ist als Hörbuch auf CD bei «Der gesunde Menschenversand» zu erwerben.