Folge 49 - (Anti)Kriegsgedichte (von Logau, Gryphius, Kästner, Biermann, Ausländer)

Das Thema Krieg beflügelte die Autoren und Autorinnen seit jeher zu schrecklich-großartigen Texten. Diese Folge stellt eine kleine Auswahl barocker Texte und Texte des 20. Jahrhunderts vor, die eine klare Linie gegen den Krieg fahren.   Friedrich von Logau Des Krieges Buchstaben Kummer, der das Mark verzehret, Raub, der Hab und Gut verheeret, Jammer, der den Sinn verkehret, Elend, das den Leib beschweret Grausamkeit, die Unrecht lehret, Sind die Frucht, die Krieg gewähret. Andreas Gryphius Thränen des Vaterlandes - Anno 1636 Wir sind doch nunmehr gantz / ja mehr denn ganz verheeret! Der frechen Völcker Schaar / die rasende Posaun / Das vom Blut fette Schwerdt / die donnernde Carthaun / Hat aller Schweiß / und Fleiß / und Vorrath auffgezehret. Die Türme stehn in Glutt / die Kirch ist umgekehret. Das Rathauß liegt im Grauß / die Starcken sind zerhaun / Die Jungfern sind geschändt / und wo wir hin nur schaun / Ist Feuer / Pest und Tod / der Hertz und Geist durchfähret. Hir durch die Schantz und Stadt / rinnt allzeit frisches Blutt. Dreymal sind schon sechs Jahr / als unser Ströme Flutt / Von Leichen fast verstopft / sich langsam fortgedrungen. Doch schweig ich noch von dem / was ärger als der Tod / Was grimmer denn die Pest / und Glutt und Hungersnoth / Das auch der Seelen Schatz / so vilen abgezwungen. Erich Kästner Verdun, viele Jahre später Auf den Schlachtfeldern von Verdun finden die Toten keine Ruhe. Täglich dringen dort aus der Erde Helme und Schädel, Schenkel und Schuhe. Über die Schlachtfelder von Verdun laufen mit Schaufeln bewaffnete Christen, kehren Rippen und Köpfe zusammen und verfrachten die Helden in Kisten. Oben am Denkmal von Douaumont liegen zwölftausend Tote im Berge. Und in den Kisten warten achttausend Männer vergeblich auf passende Särge. Und die Bauern packt das Grauen. Gegen die Toten ist nichts zu erreichen. Auf den gestern gesäuberten Feldern liegen morgen zehn neue Leichen. Diese Gegend ist kein Garten, und erst recht kein Garten Eden. Auf den Schlachtfeldern von Verdun stehn die Toten auf und reden. Zwischen Ähren und gelben Blumen, zwischen Unterholz und Farnen greifen Hände aus dem Boden, um die Lebenden zu warnen. Auf den Schlachtfeldern von Verdun wachsen Leichen als Vermächtnis. Täglich sagt der Chor der Toten: „Habt ein besseres Gedächtnis!" Wolf Biermann Soldat, Soldat Soldat Soldat in grauer Norm Soldat Soldat in Uniform Soldat Soldat, ihr seid so viel Soldat Soldat, das ist kein Spiel Soldat Soldat, ich finde nicht Soldat Soldat, dein Angesicht Soldaten sehn sich alle gleich Lebendig und als Leich Soldat Soldat, wo geht das hin Soldat Soldat, wo ist der Sinn Soldat Soldat, im nächsten Krieg Soldat Soldat, gibt es kein Sieg Soldat, Soldat, die Welt ist jung Soldat Soldat, so jung wie du Die Welt hat einen tiefen Sprung Soldat, am Rand stehst du Soldat Soldat in grauer Norm Soldat Soldat in Uniform Soldat Soldat, ihr seid so viel Soldat Soldat, das ist kein Spiel Soldat Soldat, ich finde nicht Soldat Soldat, dein Angesicht Soldaten sehn sich alle gleich Lebendig und als Leich

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Gedichte verstehen Der Podcast verbindet Gedichtrezitation und Deutungsansätze zu den Texten. Damit soll ein erster Verstehenszugang ermöglicht werden. Die Textauswahl umfasst sämtliche Epochen der deutschen Literatur vom Mittelalter bis zur Gegenwart und nimmt sowohl sehr bekannte als auch weniger bekannte Texte in den Blick.