Anselm von Canterbury: Lässt sich Gottes Existenz beweisen?

Diese Folge taucht in die Beschäftigung mit den zentralen Figuren mittelalterlicher Philosophie ein – und nimmt sich den Vater der «scholastischen Theologie» vor: Anselm von Canterbury. Theologisch ist er besonders bekannt durch die sogenannte Satisfaktionslehre, einen anspruchsvollen und umstrittenen Versuch, die Notwendigkeit des Kreuzestodes Jesu zu erklären. Uns interessiert hier aber vielmehr das Bemühen Anselms, den christlichen Gottesglauben überhaupt in den Herausforderungen seiner Zeit zu verteidigen – und namentlich sein Versuch, die Existenz Gottes mit rationalen Mitteln nachzuweisen (man spricht dabei vom «ontologischen Gottesbeweis»). Im Zuge seiner Argumentation wird Gott als derjenige bestimmt, «über den hinaus nichts Grösseres gedacht werden kann»: eine Definition, welche die Religionsphilosophie bis heute bestimmt. Peter macht auch deutlich, dass es sich bei Anselms Argumentation nicht um einen intellektuellen Überwältigungsversuch handelt, sondern vielmehr darum, unter den geistesgeschichtlichen Voraussetzungen seiner Zeit den Gottesgedanken zu plausibilisieren. Es ist darum gerade kein Widerspruch, dass Anselm seine Argumentation mit einem Gebet, einer Anrufung Gottes beginnt. Unsere Diskussion macht dann auch klar, dass wir bis heute nicht umhinkommen, von bestimmten Axiomen auszugehen, um überhaupt Erkenntnisse gewinnen und sie nachvollziehbar kommunizieren zu können. Es gibt mit anderen Worten keine Beweisführungen ohne Voraussetzungen, die sich nicht weiter begründen lassen – das gibt nicht zuletzt Anlass zur Bescheidenheit…

Om Podcasten

Was wir über Gott und die Welt denken, hat nicht bei uns angefangen. Unsere weltanschaulichen und ethischen Überzeugungen stehen auf den Schultern großer Vordenker vergangener Jahrhunderte. Wir verdanken ihnen viel, dürfen ihre Vorgaben aber auch kritisch hinterfragen. In diesem Podcast nehmen Manuel Schmid und Heinzpeter Hempelmann ihre Hörer:innen mit auf eine faszinierende Zeitreise zu den Wurzeln unseres Denkens. Immer wieder werfen sie auch einen spezifisch theologischen Blick auf einflussreiche philosophische Entwürfe. Dabei wird deutlich, wie präsent die Philosophiegeschichte auch im 21. Jahrhundert ist, und wie sehr sie heutige Diskussionen in Politik, Gesellschaft und Religion mitbestimmt. «mindmaps» fordert dich heraus, mitzudenken, zu widersprechen und den eigenen Horizont zu erweitern!