Haiti-Classics: Zuhause in Singapur - 1999 und 2021
Eine Sendung von Jürgen Hanefeld und Lena Bodewein Moderation: Juliane Eisenführ Jürgen Hanefeld musste 1999 nicht weit gehen, um Singapur in seiner Vielfalt zu erleben und die Gefühlslage der Menschen in dem damals noch sehr jungen Staat zu ergründen. Im Parkhaus des Gebäudes, in dem sich damals auch das ARD-Hörfunk-Studio befand, traf er einen jungen Chinesen, der dort an einem chinesischen Opferschrein Kerzen anzündete – zu seinem Schutz und dem aller anderen, wie er sagte. Und er erklärte, dass er China sein Vaterland nenne. Aber Singapur sei sein Zuhause. In unmittelbarer Nachbarschaft seines Möbelgeschäfts kassierte eine Frau mit aus Indien zugewanderten Eltern die Parkgebühren. Sie war inzwischen Christin, ihre Familie feiert die indischen Feste. Und auch eine muslimische Gemeinschaft traf Jürgen Hanefeld 1999. Alles noch vorhanden - berichtet Lena Bodewein aus dem heutigen Singapur. Die religiöse Toleranz gehört dort zum Selbstverständnis. Die höchsten religiösen Feiertage jeder Gruppe werden von allen gefeiert. Inder aus der Region Panjab können - mit Rücksicht auf ihren Turban - sogar auf Mopeds auf Helme verzichten. Doch es scheint, als sei 2021 - anders als 1999 - das Heimatverständnis der Singapurer selbstverständlicher. Erst 1965 war Singapur zum selbständigen Staat geworden. Wo vor mehr als 20 Jahren noch die Sorge war, dass es angesichts der kulturellen Vielfalt der Menschen keine gemeinsame Sprache gibt, dominiert auf den Straßen heute "Singlisch". Eine Mischung aus chinesisch, englisch und anderen Zutaten, die mit Stolz gesprochen wird. Auch wenn Singapur damals wie heute oft als "Erziehungsdiktatur" beschrieben und Individualismus nicht die herausragende Rolle spielt: Für Jürgen Hanefeld wie für Lena Bodewein ist der Staat ein Experiment, das weitgehend funktioniert.