Historische Stadt - alte Probleme: Marseille 1992 und 2022
Marseille: eine verlorene Stadt oder ein Sehnsuchtsort? Ein bisschen von beidem - lautet das Resümee im Abstand von 30 Jahren. Eine Reise wert? Unbedingt! Marseille: Frankreichs zweitgrößte Metropole, ein uralter Hafen, eine lange Geschichte. Als Harald Brandt für "Zwischen Hamburg und Haiti" 1992 in der Stadt in der Provence war, sah er dort vor allem große Probleme: Die traditionellen Frachter-Verbindungen in alle Welt: weitgehend gestrichen. Die romantischen Fähren durch - wie er fand - hässliche Riesenschiffe ersetzt, der Warenumschlag statt in Säcken: in nüchternen Containern. Die Fischerboote waren Yachten gewichen. Die Stadt voller Drogen, Kriminalität - Endzeitstimmung. Marseille - Sehnsuchtsort für ARD-Korrespondentin Julia Borutta Für Julia Borutta, ARD-Korrespondentin im Studio Paris, ist Marseille dagegen seit ihrer Schulzeit ein Sehnsuchtsort, eine "Stadt der Möglichkeiten". Auch wenn die Probleme in Marseille nach wie vor unübersehbar sind. Ihre Lage am Mittelmeer, mit Stränden, Sonne und einer Kultur, die ein buntes Völkergemisch seit Jahrhunderten prägt, kann die Stadt kein Erfolgsrezept machen. Seit 1992 hat sich Marseille vor allem im Kreis bewegt - sagt Borutta. Es gab immer wieder Versuche - auch aktuell. Doch trotz der Sanierung des Alten Hafens, trotz neuer Museen, trotz vieler guter Vorsätze: es hat sich nichts Substanzielles geändert. Die schöne Stadt ist schlecht regiert. Drogen werden nach wie vor offen gehandelt und konsumiert. Korruption und Vetternwirtschaft verhindern, dass auch die armen Viertel von dem Geld profitieren, das zunehmender Tourismus einbringt. Die Chancen sind ungleich verteilt Dennoch: Marseille mit seinen Klängen, Düften und Menschen ist ein sehr sinnlicher Ort, sagt Julia Borutta. Man sollte sich die Stadt unbedingt ansehen, empfiehlt sie. Aber man müsse Brüche mögen. Wenn man nur im renovierten Hafen bleibe - mit dem Weißwein in der Hand: Dann werde man das wahre Marseille nicht entdecken, lautet ihr Resümee im Gespräch mit Juliane Eisenführ.