Folge 5 - Der Kanute

In der fünften Folge der mehrteiligen Audio-Spurensuche geht es um Tadschus Spuren in Polen. Bis hierhin ging es um seine Geschichte in Deutschland. Aber als "heimatloser Ausländer" hatte er zuvor ein Leben, das im Verborgenen blieb. Wo und wie lebte er? Wie kam es dazu, dass er schließlich als Zwangsarbeiter nach Deutschland verschleppt worden ist. Gab es Anzeichen? Konnte er sich vorbereiten? Und warum kam er überhaupt unversehrt durch den Krieg? Die Situation in Polen 1939 ist dramatisch: Der Überfall der Wehrmacht führt das Land in den Abgrund. Und setzt einen Vernichtungskrieg in Gang, der die Schicksale von Millionen für immer verändern sollte.

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Tadschu war Pole. Und er war Zwangsarbeiter, "heimatloser Ausländer", "Displaced Person". Wie viele, schwieg er über seine Zeit im 2. Weltkrieg. Über seine Verschleppung. Ängste, Sorgen. Seine Erlebnisse in Fabriken und Lagern. Ein Leben zwischen den Mächten und Interessen eines Kontinents in Aufruhr. Tadschu - Tadeusz Sirotkin - war mein Großvater. Er wurde 1919 in Polen geboren. Den Krieg hat er unversehrt überlebt. "The Bearer is a displaced person" stand auf seinem Ausweis. Sein Heimatland Polen hat er allerdings nie wieder gesehen. Er blieb nach dem Krieg in Deutschland. Warum? Das habe ich mich lange gefragt. Nicht gewusst. Wie so vieles, was nie hinterfragt worden ist. Doch seine Geschichte ist ein Beispiel für Heimat und Herkunft. Vergessene, verdrängte Schicksale. Und der Ursprung all dessen. Heute ist Deutschland meine Heimat. Ein Zufall der Geschichte. Deshalb kann ich jetzt davon erzählen.