12.3.1 Das Numeri Buch

Wer Kinder hat, kennt es: Da befreit man sie aus dem tristen Alltag, macht einen Ausflug in den Zoo, kauft Eis und Plüschtiere – und dann nörgeln sie doch wieder nur. Undankbares Volk. Und trotzdem liebt man die Bande ja. So oder ähnlich ging es Gott wahrscheinlich, als er sein geliebtes und erwähltes Volk aus der Sklaverei in Ägypten befreite, in der Wüste mit Wasser und Manna versorgte und sie dahin führte, wo sie sorgenfrei und gut leben sollten. Und was taten die Israeliten? Rannten davon, suchten sich andere Götter, beschwerten sich dann doch bei ihrem Gott und verlangten immer wieder, nach Ägypten zurückzukehren, da war es doch eigentlich ganz schön. Diese Geschichten zwischen dem Berg Sinai und der Grenze zum gelobten Land stehen im Buch Numeri. Es ist das unbekannteste Buch der fünf Bücher Mose. Völlig zu unrecht, beschreibt es doch wie kaum ein anderes, wie Gott mit seinem Volk umgeht. In keinem Buch spricht er so viel wie in Numeri. Es ist die Grundlage der Beziehung zwischen Gott und seinen Kindern. Der Theologe Christian Frevel bringt uns dieses Buch näher, das er selbst so faszinierend findet. Er blickt hinter die Zahlen und Listen im Numeri-Buch, die so viele Menschen abschrecken. Er zeigt, was das Buch mit der Suche nach Identität und Einheit trotz Vielfalt zu tun hat. Und er bringt diese uralte Schrift ins Heute. Denn dieses Buch kann auch allen von uns Orientierung bieten, die sich durch ihre ganz eigene Wüste schleppen. Dieser Vortrag gehört zur Reihe »Vorworte: Einführungsvorträge zu jedem biblischen Buch«.

Om Podcasten

Der Worthaus e. V. wurde 2010 mit dem Ziel gegründet, den aktuellen Diskussionstand der christlichen Hochschultheologie einem breiten Publikum verständlich und in Form von Video- und Audiovorträgen im Internet kostenfrei zugänglich zu machen. Worthaus will allen, die sich für den christlichen Glauben interessieren, ein spannendes, informatives und inspirierendes Angebot auf hohem inhaltlichem Niveau machen. Dabei legt Worthaus wert auf theologische Substanz, Verständlichkeit und gesellschaftliche Relevanz. Ausgangspunkte für das Bildungsangebot von Worthaus sind diese Überzeugungen: 1. Denken und Glauben schließen sich nicht aus, sondern befruchten sich, sie bedingen sich. Dementsprechend gibt es bei Worthaus auch keine Denk- und Sprechverbote. Und auch keine Tabus. 2. »Wer die Bibel wörtlich nimmt, nimmt sie nicht ernst.« – Jedes ungeschichtliche Bibelverständnis führt in eine Sackgasse, entscheidend und weiterführend sind die Fragen nach dem Verständnis der biblischen Schriften: Aus der Enge in die Weite, aus der Oberflächlichkeit in die Tiefe! 3. Für jede Generation muss der christliche Glaube neu »übersetzt« und erklärt werden. Denn christlicher Glaube ist einem speziellen, für den Menschen der Moderne fremden kulturellen Kontext entstanden, dem Kontext der antiken Lebenswelt. Das Wissen um die damaligen Lebensumstände, das Verstehen der kulturellen und sozialen Voraussetzungen, die vor dreitausend Jahren in Israel und im gesamten Orient bestanden, sind entscheidend, um die Botschaft der biblischen Autoren zu begreifen. 4. Der christliche Glaube ist nicht etwas statisches, sondern etwas dynamisches. Auch wenn der christliche Glaube einen Ewigkeitsanspruch in sich trägt, muss er sich entwickeln. Es ist notwendig, dass er auf gesellschaftliche Veränderungen reagiert. Macht er dies nicht, wird er seltsam, skurril, einfältig, letztlich irrelevant. 5. Der Blick über den Tellerrand hinaus ist ein bereichernder Blick. Christlicher Glaube profitiert von der Beschäftigung mit Sozial- und Naturwissenschaften, Dialog mit anderen Religionen, aber auch mit der Kunst. Es lohnt sich fachübergreifend zu denken beziehungsweise das interdisziplinäre Gespräch zu suchen. Auf dieser Basis versucht Worthaus einen unverstellteren Blick auf die biblischen Texte, die christlichen Traditionen und nicht zuletzt auf den Mann zu gewinnen, an dessen Geburt sich nicht nur die Zeitrechnung der westlichen Welt orientiert. Worthaus will den christlichen Glauben in seiner unglaublichen Fülle, Dichte und Relevanz für die Herausforderungen und Entscheidungen des heutigen Lebens wieder entdecken: Was sind die zentralen Themen von dem Mann aus Nazareth? Welche Relevanz hat sein Leben, seine Botschaft und auch seine Person für die heutigen Lebensfragen?